Klartext Mittelstand: Politisches Tauziehen in der Zwickmühle

Im Magdeburger Kabarett „Zwickmühle“ kamen am 14. Juli fünf Politikerinnen und Politiker auf Einladung des BVMW zusammen, um sich in einer belebten Podiumsdiskussion mit den Themen auseinanderzusetzen, die den Mittelstand wirklich betreffen.

Bezüglich der Frage, was für die Kandidatinnen und Kandidaten eine mittelstandsfördernde Politik sei sprach Kees de Vries MdB, Abgeordneter der CDU, der Post-Corona-Agenda des BVMW explizit seine Unterstützung aus. Bürokratieabbau und die Bekämpfung des Fachkräftemangels seien für ihn die dringlichsten Maßnahmen, um dem Mittelstand den Weg aus der Krise zu ebnen. Für letzteres brauche Deutschland eine „offensivere“ Integration von Migrantinnen und Migranten. Auch dieser stehe häufig überbordende Bürokratie im Weg. Mit Bezug auf die Energiewende findet de Vries, ursprünglich Landwirt, man müsse „mit zwei Beinen auf dem Boden bleiben und die Menschen mitnehmen“.

Mittelstandsförderung müsse mit der Förderung der Mitarbeiterschaft beginnen, so Martin Kröber, Kandidat der SPD. Daher planen die Sozialdemokraten eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, damit Lohnsteigerungen adäquat an Mitarbeiter weitergegeben werden können. Gleichzeitig brauche es starke Investitionen in die mangelhafte digitale Infrastruktur. Ähnlich wie sein Kollege von der Union findet auch Kröber, dass Fachkräftemangel durch ein unbürokratischeres Einwanderungsgesetz und erleichterte Integration in den Arbeitsmarkt angegangen werden müsse.

Dr. Marcus Faber MdB von den Freien Demokraten sieht viele Schnittpunkte zwischen der Post-Corona-Agenda des BVMW und dem Wahlprogramm seiner Partei. Für ihn sei klar: Unternehmen brauchen Liquidität, um erfolgreich aus der Krise hervorzugehen. Dementsprechend müsse die Steuerbelastung sinken, vorzugsweise durch eine Begrenzung der Unternehmenssteuer auf den OECD-Durchschnitt von 25%. Im Klimaschutz sieht Faber Deutschland in der Rolle als globales Vorbild durch Innovationen, nicht durch Verbote. Dafür müssten neue Technologien hier zur Marktreife geführt werden. Auch Unternehmensgründungen müssten gefördert werden. Diese seien bundesweit auf einem schlechten Stand, aber besonders in Sachsen-Anhalt sei die Lage dramatisch.

Am wichtigsten seien für kleine und mittlere Unternehmen faire Wettbewerbsbedingungen, angefangen bei einer fairen Besteuerung, so Dr. Petra Sitte MdB, Abgeordnete der Linken im Bundestag. KMU würden oftmals stärker belastet als größere Unternehmen, gemessen an der Betriebsgröße. Damit das Geschäftsmodell Mittelständler eine Perspektive habe, bräuchten die Beschäftigten eine Perspektive: So müsse zur Sicherung der Fachkräfteausbildung das Bildungssystem gestärkt werden, da sich viele Ausbildungsbetriebe in den vergangenen Jahren über eine Abnahme der Qualität der Abschlüsse beklagt hätten. Bezüglich des Lieferkettengesetzes hält Sitte es für falsch, Verantwortung für Prüfung auf Unternehmerinnen und Unternehmer abzuwälzen. Stattdessen hätte die Bundesregierung das Problem mithilfe von Verbänden, z.B. durch die Vergabe von Siegeln, lösen können.

Für Steffi Lemke MdB von den Grünen ist klar, man müsse mit bisher ungeahntem Tempo aus den fossilen Brennstoffen aussteigen. Gleichzeitig müssten aber die Energiepreise für Unternehmen und Bevölkerung gesenkt werden und „beherrschbar“ bleiben. Die Energiewende brauche eine große gesellschaftliche Kraftanstrengung, auch durch die Wirtschaft. Man dürfe sich beim Problem der bürokratischen Belastung von Unternehmen nicht mit dem Schlagwort „Bürokratieabbau“ zufriedengeben, so Lemke. Den Personalmangel in der Verwaltung anzugehen sei hier der wichtigste Hebel. Aus ihrer Sicht wäre es nach der Wahl im September für den Mittelstand am wichtigsten, im Falle weiterer Corona-Wellen schnelle, umfangreiche, ziel- und passgenaue Hilfen für die Wirtschaft bereitzustellen.

Bei allen Meinungsunterschieden und unterschiedlichen politischen Prioritäten gab es dennoch Einigkeit unter den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, dass das Hauptanliegen des Mittelstandes – eine geringere bürokratische Belastung – am besten durch eine digitale, moderne Verwaltung zu erreichen sei.