Klartext Mittelstand 2021: Politiker bekennen Farbe //
Wahlarena aus Saulheim bei Mainz
In Rheinland-Pfalz heißt es dieses Jahr: „Nach der Wahl ist vor der Wahl“. In der bevorstehenden Bundestagswahl muss die Stimme des Mittelstands ernst genommen werden. Daher brachte der BVMW am 15. Juli führende Entscheidungsträger mit mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern zusammen, um die Herausforderungen der kleinen und mittleren Unternehmen zu diskutieren.
Ursula Groden-Kranich MdB von der CDU sieht als einen entscheidenden Punkt hierbei für langfristig planende Mittelständler die Planungssicherheit in der Energie- und Klimafrage. In Zeiten des Aufbaus nach der Pandemie sollte die Wirtschaft nicht eingeschränkt werden, sondern größtmögliche Freiheiten haben, was Innovation und Steuerlast angeht. Daher können sich Unternehmen wie Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen, dass es mit der Union keine Steuererhöhungen geben werde. Man müsse außerdem bei klimapolitischen Vorschriften und Zielvorgaben aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen klar zwischen Stadt und Land unterscheiden. Bezüglich der Mobilität sei es Aufgabe der Politik, den „letzten Kilometer“ zu fördern.
Herausforderungen müssen mit Realismus und Augenmaß angegangen werden, betonte Dr. Joe Weingarten MdB, Abgeordneter der Sozialdemokraten. So sei Bürokratieabbau – das absolute Kernanliegen des Mittelstands in dieser Wahl – ein komplexer Sachverhalt, für den es keine einfachen Lösungen gäbe. Um dem Überbau an Regulierungen entgegenzuwirken, sollten zunächst viele neue Vorschriften befristet und eindeutig obsolete schnellstens abgeschafft werden. Gleichzeitig machte Weingarten auch klar, dass für ihn kein Weg an einer Steuererhöhung vorbeiführt. Um die aktuellen Transformationen gemeinsam stemmen zu können, brauche der Staat weitere Steuermittel – Betriebsvermögen aber plane die SPD explizit nicht anzugehen. Unternehmen müssten bei der Digitalisierung unterstützt werden, bei den Kosten oder der Ausbildung des Personals. Schon jetzt würden Mittel für die Transformation zur Verfügung gestellt, z.B. für die Automobilindustrie. Auch dürfe man die Unternehmen nicht mit ständig höheren Zielsetzungen in der Energie- und Klimapolitik überfordern, so Weingarten.
Deutschland sei ein am Boden gefesselter Gulliver, zitierte die Abgeordnete der FDP, Sandra Weeser MdB, ihren Parteikollegen Hermann Otto Solms. Es brauche eine Entbürokratisierung, damit sich die Wirtschaft selbst entfesseln und investieren könne und es Deutschland möglich sei, den Weg in die Zukunft zu gehen, so Weeser. Verwaltungsdigitalisierung sei ein wichtiger Schritt, doch um Unternehmen zu ermöglichen, notwendige Transformationsprozesse zu vollziehen, müsse die finanzielle Belastung reduziert werden. Dies könne durch Senkung von Steuern und Abgaben oder des Energiepreises geschehen. Zugleich brauche es realistische Zielsetzung und ausreichende, technologieoffene Förderung.
Der Staat sollte in der Frage der Klimapolitik nicht nur von Unternehmen fordern, sondern den Wandel auch fördern, betonte Julian Joswig, erstmalig Kandidat der Grünen für den Bundestag. Das könne unter anderem durch Transformationsfonds passieren, wie sie auch der BVMW fordert. Auch Investitionszuschüsse für mehr Digitalisierung müssten an ökologische Komponenten gekoppelt werden. Auf der anderen Seite sollte bezüglich Steuerentlastungen genau geschaut werden, wo diese als Heben effizient wären und welche Branchen konkret leiden. Um die allgemeine Bürokratielast zu senken, sieht Joswig vor allem die Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung als ausschlaggebend. Das Land insgesamt brauche eine Modernisierung, die laut Joswig die Grünen am besten angehen könnten.
Einigkeit bestand bei den Kandidierenden im Punkt Fachkräftemangel: Neben der Förderung der dualen Ausbildung müsse Deutschland vor allem als Einwanderungsland attraktiver für qualifizierte Arbeitskräfte werden.