Klartext Mittelstand 2021: Politiker bekennen Farbe //
Wahlarena aus Arnsberg
In Arnsberg diskutierten am 20. Juli auf Einladung des BVMW Direktkandidierende des Hochsauerlandkreises für den Bundestag die Probleme des Mittelstands und der Wirtschaft in Deutschland, Nordrhein-Westfalen und ihrer Region.
Friedrich Merz, ehemaliger Abgeordneter der CDU und Finanzexperte im Team von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet, schaut zuversichtlich auf die kommenden anderthalb Jahre und erwartet starkes Wachstum. Allerdings handle es sich hierbei um eine „Nachholkonjunktur“, die strukturelle Schwächen überdecken könnte. Schwächen, wie die oft schleppenden Planungs- und Genehmigungsverfahren, welche in Zukunft häufiger durch die Parlamente als die Verwaltung entschieden werden könnten, so Merz. Bei der Steuer- und Abgabenlast sieht der Kandidat keinen Raum für Steuererhöhungen oder neue Steuern und fordert zudem, Sozialversicherungsbeiträge bei 40% zu deckeln. Wenn die Arbeit in kleinen und mittleren Unternehmen nichts mehr bringe, würde es schwer, junge Leute vom Unternehmertum zu begeistern. Im Rahmen der Energiewende könne man auf keine Technologie verzichten und müsse alle Optionen offen halten, findet Merz. Auch müsse sich aus Klima- und Energiepolitik ein „Technologie- und Exportschub“ für die deutsche Wirtschaft ergeben. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass Deutschland zu abhängig von China sei. Es brauche eine gemeinsame europäische Außenwirtschaftspolitik und China-Strategie.
Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III, der One-in-one-out-Regel auf Bundesebene und dem Registermodernisierungsgesetz habe die SPD als Teil der Regierung in der vergangenen Legislaturperiode wesentlich zum Bürokratieabbau beigetragen, so Dirk Wiese MdB, Abgeordneter und Kandidat der SPD. Das Wahlprogramm der Sozialdemokraten beinhalte das „einzige Steuerkonzept, dass gut durchgerechnet ist und die mittelfristige Finanzplanung im Blick hat“, paraphrasiert Wiese das Handelsblatt. Er hält den Ausbau der A46 mit Lückenschluss in der Hochsauerland-Region für richtig und wichtig, werde dieser doch aktuelle Infrastrukturprobleme bei Schwerlasttransporten lösen, von denen viele Mittelständler betroffen seien. Um die bestehenden Probleme bei der digitalen Infrastruktur zu lösen, sei die Forderung nach einem dedizierten Digitalministerium allerdings nicht zielführend, findet Wiese. Stattdessen müsse jedes Ministerium Digitalisierung als Priorität auf seiner Agenda führen. Auch das für Unternehmen äußerst relevante Thema Cybersicherheit müsse deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren. Bezüglich der Energiewende hält Wiese Gas als Übergangsenergiequelle für unerlässlich. Wer Nordstream 2 in Frage stelle, stelle die Energiewende in Frage. Wie sein Mitbewerber von der Union fordert auch er eine europäisch koordinierte China-Politik, welche eine Chance darstellen könne, wieder stärker in den Dialog mit Russland zu treten.
Der Carl-Julius Cronenberg MdB von der FDP stellte fest, dass der Mittelstand einen Staat brauche, der ihm Luft zum Investieren lässt sowie für alle faire Steuern, die nicht überfordern und Flexibilität in allen Arbeitsthemen. Der Freie Demokrat sehe, dass im Vergleich zu größeren Unternehmen der Mittelstand deutlich stärker unter der Bürokratie leide. Dieser werde regelmäßig in der Gesetzgebung übersehen und das Thema Erfüllungsaufwand kaum diskutiert. Zum einen müsse Regulierung vereinfacht und zum anderen Überregulierung abgebaut werden. Rückständigkeit in allen Bereichen der Digitalisierung könne nur durch Bündelung der Kompetenzen überwunden werden, argumentierte Cronenberg, weshalb ein Digitalministerium etabliert werden müsse. Auch spricht er sich für mehr internationale Kooperation in Form von Freihandelsabkommen aus. Gegenüber China sei ein robusteres Auftreten gefragt, allerdings sieht Cronenberg den aktuellen Kurs des Landes nicht als Bedrohung für den Westen.
Maria Tillmann, erstmalig Kandidatin der Grünen für den Bundestag, sieht Digitalisierung der Verwaltung als den wichtigste Maßnahme, um kleine und mittlere Unternehmen bürokratisch zu entlasten. Sie spricht sich stark gegen den Ausbau der A46 aus, da dieser keine Zeitersparnisse mit sich bringen würde. Es müssten stattdessen andere politische Maßnahmen ergriffen werden, um Straßen zu entlasten, anstatt Autobahnen durch Naturgebiete zu bauen. Dies könne beispielsweise durch vernetzte Mobilität, die Förderung des ÖPNV auf dem Land und Investitionen in den Schienenverkehr geschehen. Tillmann argumentierte zudem, die Grünen seien technologieoffen, aber der Fokus auf Elektromobilität sei sinnvoll, da mit günstigem Strom auch günstig gefahren werden könne. Sogenannte E-Fuels seien nicht der richtige Weg, findet sie. Stattdessen brauche es klare Rahmenbedingungen durch die Politik, damit vom Verbrennungsmotor abhängige Unternehmen, Planungssicherheit haben und sich umstellen können. Durch einen höheren Spitzensteuersatz solle eine Investitionsoffensive von 50 Milliarden Euro zur Modernisierung des Landes finanziert werden. Zudem fordert die Kandidatin Bürokratieabbau, damit Strom dezentral erzeugt werden könne, mithilfe von Solarzellen oder privaten Elektrolyseanlagen.